Landshut – Hitze, Durst, Urin: Für den lebensgefährlichen und erniedrigenden Transport von 45 Menschen hat das Landshuter Landgericht einen türkischen Lkw-Fahrer zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.
Im Mai vergangenen Jahres griff die Polizei 21 irakische Staatsangehörige auf, die im Landkreis Rottal-Inn zu Fuß unterwegs waren. Am 6. Juli erfolgte dann wenige Kilometer weiter der nächste Aufgriff durch Beamte der Polizeiinspektion Pfarrkirchen: Diesmal waren es 21 Iraker und drei Syrer, die zu Fuß durch die Gegend irrten. Bei den Vernehmungen berichteten die Flüchtlinge von den erbärmlichen Bedingungen bei den beiden Schleusungen.
Vom rumänischen Timisoara aus durften sie während der jeweils knapp 1000 Kilometer langen Fahrt den mit Kleidungskartons und Kabelrollen für Unternehmen in Frankreich beladenen Auflieger nicht verlassen. Während des 20-stündigen Transports hatten sie weder Essen noch Trinken, mussten in den Laderaum urinieren. Bei der Fahrt im Juli herrschte zudem große Hitze, die Temperaturen unter der Plane betrugen über 40 Grad. Eine der Frauen wurde deshalb mehrfach ohnmächtig. Die Flüchtlinge behalfen sich damit, die Plane teilweise aufzuschneiden.
Für die Gesamtschleusung hatten die Iraker und Syrer jeweils zwischen 6000 und 9000 US-Dollar bezahlt. Die Fahndung nach dem Lkw-Fahrer wurde den Ermittlern erleichtert, da einige den Lkw gefilmt und der schließlich gefasste Ramazan G. sein Namensschild an der Frontscheibe angebracht hatte. Allerdings, so der Chef-Ermittler, habe es bei der Zusammenarbeit mit den türkischen Strafverfolgern „gehapert, da war nichts möglich“. Exzellent dagegen habe es mit den französischen Behörden geklappt, die den 44-Jährigen per europäischem Haftbefehl in Lyon festnahmen und auslieferten.
Ab 2016 häuften sich einem Ermittler zufolge derartige Lkw-Transporte: „Mehrere Fälle dieser Größenordnung sind in Bayern anhängig.“
Ramazan G. hatte sich geständig gezeigt, allerdings mit der Einschränkung, nichts Näheres über seine „Fracht“ gewusst zu haben: „Ich sollte die Leute nur irgendwo in Deutschland rauslassen.“ Zu den Schleusungen habe er sich von seinem Bruder überreden lassen, da er für seine pflegebedürftige Mutter habe aufkommen müssen. Für die erste Fahrt habe er 3000 Euro erhalten. Aus Ärger darüber, dass er diesen Lohn für die zweite Fahrt nicht bekam, habe er den Bruder als Hintermann benannt. Der wurde inzwischen in Rumänien verhaftet.
Das Gericht ging in seinem Urteil davon aus, dass der 44-Jährige zwar skrupellos gehandelt, die Gesamtumstände der Schleusungen aber nicht menschenverachtend gewesen seien. Strafmildernd habe sich zudem die Aussage zu seinem Bruder ausgewirkt. Die Kammer ordnete zusätzlich zur Haft die Einziehung des Schleuserlohns in Höhe von 3000 Euro an. ötl