HeimatKolumne

von Redaktion

Ob’s wahr ist, oder nur gut erfunden – kolportiert wird’s jedenfalls: dass der erste bayerische König Max I. Joseph ausdrücklich seine Münchner Landsleute dazu anhalten musste, auch an protestantische Mitbürger Wohnungen zu vermieten. Der Blitz würde einschlagen, das war bis dato die verbreitete Befürchtung in solch frevelhaften Fällen.

Nun ja, vermieten, das konnte man nach der königlichen Ermahnung (gegen gute Bezahlung, versteht sich) ja noch einsehen – aber gleich heiraten? Nun freilich, auch das hatte der Monarch vorgemacht – Karoline Friederike von Baden hieß die erste Evangelische in der Münchner Residenz – und damit eine der ersten gemischt-konfessionellen Ehen im alten Königreich.

Dass jetzt, über 200 Jahre danach, die Aufregung über konfessionsverschiedene Ehen immer noch seltsame Blüten treibt, ist erstaunlich. Ausgerechnet Münchens Kardinal Reinhard Marx hatte den Vorstoß gewagt, evangelischen Ehepartnern in solchen Fällen den Empfang der Eucharistie in katholischen Messen zu erlauben. Prompt wurde er jetzt vom konservativen Teil der deutschen Bischöfe und von der römischen Kurie zurückgepfiffen.

Geistliche Erregungen solcher Art sind in Bayern nichts Neues. Noch im Juni 1841 musste der König den eifernden Prediger an der Münchner Michaelskirche, Anton Eberhard, seines Amtes entheben, der von der Kanzel gegiftet hatte: „Tausendmal besser nicht zu heiraten, als eine Ehe einzugehen, die Gott und die Kirche verbieten, zu der niemand Amen sagt als die Hölle und die Sinnlichkeit und ein nicht-katholischer Pastor!“

Dabei hatten die bayerischen Protestanten seit 1800 von Staats wegen die gleichen Rechte wie ihre katholischen Glaubensbrüder, die „ausschließliche Katholizität“ des Landes war damit ein für alle Mal dahin! 1803 war die gemischt-konfessionelle Ehe erlaubt worden. Entgegen der katholischen Auffassung, die in diesem Fall ausdrücklich auf eine katholische Erziehung etwaiger Nachkommen bestand, sollten nach staatlicher Auffassung allein die Eltern über die Konfession ihrer Kinder entscheiden.

Aber Theorie und Praxis sind bekanntermaßen zweierlei Dinge! Kaum war die Aufregung um den Fall Eberhard verklungen, brüskierte die Kirche ihren König Max I. Joseph erneut, als sich beim Leichenzug seiner protestantischen Ehefrau Karoline der katholische Klerus weigerte, liturgische Gewänder anzuziehen. „Dieses Mal werden sie mir die Chorröcke anziehen, oder ich ziehe sie ihnen aus!“, polterte der Monarch später anlässlich der Beerdigung seiner ebenfalls evangelischen Schwiegermutter.

1838 kam es zu einer weiteren staatstragenden Debatte, ob nämlich evangelische Soldaten zur Kniebeuge vor dem Allerheiligsten verpflichtet seien, wozu sie keine Neigung zeigten. Sie seien verpflichtet, lautete das Urteil der Staatsregierung im sogenannten Kniebeugenstreit.

Schwer zu sagen, wie der erste König der Bayern die derzeitigen Querelen um Kardinal Marx kommentieren würde. Vielleicht mit dem bissigen, aber nicht abwegigen Bonmot: „Die Protestanten haben die bessere Theologie, aber die Katholiken – die bessere Show!“

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