ZAHL DER Motorradfahrer STEIGT UND STEIGT

Vom Glück auf zwei Rädern

von Redaktion

von Josef Ametsbichler

Ebersberg/München – Die Sucht nach der nächsten Kurve treibt Petra Strehl-Schwetz an. „Unbändig gut“, nennt sie das Gefühl, wenn sie mit ihrer BMW R 1200 R durch die Dolomiten oder durchs Voralpenland braust. Gerade ist die Steuerfachangestellte von einem Kurzurlaub mit ihrem Mann am Gardasee heimgekommen. Mit dem Motorrad über die Alpen und zurück – schön war’s.

Mit ihrem Hobby liegt die 53-Jährige voll im Trend. 926 882 Motorräder waren zum Jahresbeginn in Bayern registriert – fast 17 000 mehr als 2017, schon seit Jahren wächst die Zahl stetig. Und bei fast einem Viertel aller deutschlandweit zugelassenen Motorräder prangt das weiß-blaue Rautenwappen auf dem Kennzeichen. Bayern ist ein Bikerland.

Das dürfte auch daran liegen, dass die nahen Alpen eins der beliebtesten Reviere für Motorradfahrer überhaupt sind. „Jede Kurve ist eine Herausforderung“, beschreibt Strehl-Schwetz, was für sie seit ihren Teenager-Jahren den Reiz des Motorradfahrens ausmacht „Das Auto hat vier Räder, mit dem kann man nicht umfallen“, sagt sie. Motorrad dagegen fährt man mit dem ganzen Körper.

Und selten allein: Strehl-Schwetz ist Chefin des „Ebersberger Sauhaufen“, eines Motorradclubs mit wenig mehr als einem Dutzend Mitgliedern, der längst ein Freundeskreis geworden ist. „Das Motorradfahren bringt die Leute zusammen“, sagt die „Obersau“, wie die Biker-Chefin augenzwinkernd in ihrer Runde genannt wird. Sie weiß, wovon sie redet: Wenn der winzige Sauhaufen zu seiner jährlichen Motorradweihe lädt, defilieren regelmäßig an die 1000 Fahrer aus dem gesamten Umland am Pfarrer mit seinem Weihwasserkessel vorbei.

Den Segen von oben können die Motorradfahrer sicherlich gut gebrauchen. Denn ihr Hobby birgt immer auch ein Risiko: 123 Motorradfahrer sind 2017 auf Bayerns Straßen gestorben. Das ist im Schnitt ein Todesopfer an jedem dritten Tag. Motorradfahrer machen nur ein Zehntel der Verkehrsteilnehmer, aber jeden fünften Unfalltoten aus. „Jeder meint: Mich trifft es nicht“, sagt Strehl-Schwetz. „Sonst würde ja auch niemand drachenfliegen, bergsteigen oder skifahren.“ Problematisch werde es, wenn die Fahrer die Straße mit einer Rennstrecke verwechselten.

Die Ebersbergerin braucht diesen Geschwindigkeitskick nicht. „Mit dem Alter wird man vorsichtiger“, sagt sie und lacht. Sie genießt das lässige Kurven durch die Natur. Auch wenn sie anders als ein Autofahrer brennender Sonne oder prasselndem Regen ausgeliefert ist. „Das macht keinen Spaß“, erzählt Strehl-Schwetz, wie auf der Heimfahrt vom Gardasee bei Bozen ein Hagelschauer auf sie niederging. „Aber wenn das Unwetter aufhört und du um die nächste Kurve fährst, bist du froh, dass du nicht mit dem Auto gefahren bist.“

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