Personalsituation der Polizei

„Wasserkopf“ und zwei Millionen Überstunden

von Redaktion

München – Die Landtags-SPD legt noch einmal den Finger an einen wunden Punkt bei Innenminister Joachim Herrmann (CSU): den Personalmangel bei der bayerischen Polizei. Zuletzt in Rage versetzt hatte Fraktionschef Markus Rinderspacher den Minister mit dem Vorwurf, zehn Prozent der Sollstellen seien nicht besetzt („Grober Unfug!“, konterte dieser). Nun legt der Sozialdemokrat mit einem spitzen Brief an Herrmann nach: Speziell in Oberbayern greife die angekündigte Entlastung der Polizei „offensichtlich nicht“.

Bezug nimmt Rinderspacher dabei auf eine Anfrage seiner Fraktion zu den angehäuften Polizei-Überstunden, die das Innenministerium im April beantwortete (wir berichteten): Bayernweit waren es Ende 2017 demnach 2 210 650 – Rekord und elf Prozent mehr als im Vorjahr. Ein bayerischer Polizist hat demnach im Schnitt 69 Überstunden angehäuft. Es stelle sich die Frage, ob „die angekündigten Stellenmehrungen am Ende ausreichend sein werden“, kommentiert Rinderspacher die 3500 zusätzlichen Beamten, die das Innenministerium bis 2023 einstellen will. Außerdem weissagt er der von CSU-Ministerpräsident Markus Söder geplanten Grenzpolizei eine „zentralistische Wasserkopf-Administration“. Es werde zu einem „Verteilungskampf der Inspektionen“ um das neue Personal kommen.

Einen erneuten Wutausbruch des Ministers – diesen Gefallen tut Herrmann Rinderspacher nicht. Stattdessen winkt sein Ministeriumssprecher, Oliver Platzer, ab. „Ein alter Hut“, sei der Überstundenberg. Entstanden 2015 wegen der starken Belastungen für die Einsatzkräfte etwa durch G7-Gipfel und Flüchtlingskrise, bis 2017 nicht abzubauen wegen Flüchtlingskrise und Kampfes gegen Wohnungseinbrüche. „Der Sicherheit hat das keinen Abbruch getan“, sagt Platzer mit Blick auf sinkende Zahlen bei Gewalttaten und Einbrüchen.

Und ab 2019 übersteige die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei die der Pensionierungen. Dann werde die Zahl der Überstunden sinken. Auch Wasserkopf und Verteilungskampf drohen laut Platzer nicht. Die geplante Grenzpolizei werde „bestehende Strukturen“ nutzen. Und die zusätzlichen Stellen würden nicht nach Gutdünken, sondern nach Notwendigkeit zugeteilt – dort, wo die Überstundenberge am größten seien. Josef Ametsbichler

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