München/Memmingen – Wer am heutigen Dienstag in den Urlaub fährt, zahlt in der Regel drauf: Die Pfingstferien haben begonnen. Flüge und Hotelübernachtungen sind teurer als in der Nebensaison. Daher passiert es immer wieder, dass Eltern ihre Kinder die Schule schwänzen lassen, um vor Ferienstart billiger verreisen zu können.
Doch Schule Schwänzen ist kein Kavaliersdelikt. Das mussten in der vergangenen Woche einige Eltern in Bayern schmerzlich erfahren. In Memmingen haben Polizisten am Allgäu Airport Familien mit Kindern kontrolliert, die in den Urlaub fliegen wollten. Sie erwischten mehrere Schulschwänzer bei der Grenzkontrolle und verhängten zehn Anzeigen bei den zuständigen Landratsämtern. Auch in Nürnberg haben Beamte in elf Fällen Eltern entlarvt, die mit dem Nachwuchs lieber in den Urlaub flogen, statt die Kinder in den Unterricht zu schicken. Die Eltern müssen mit einem Bußgeld rechnen.
Die Polizei überprüfe 365 Tage im Jahr, ob Eltern bei der Ausreise schulpflichtiger Kinder einen triftigen Grund für die Reise vorweisen könnten, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben West. Das seien zum Beispiel Hochzeiten oder familiäre Todesfälle im Ausland. Vor den Ferien würde man besonders genau hinschauen.
Auch am Münchner Flughafen kontrollieren die Bundespolizisten bei der Ausreise Familien. Die Beamten dürften Eltern nach einem Schreiben der Schule fragen, wie eine Sprecherin der Bundespolizei auf Nachfrage unserer Zeitung sagte – normalerweise braucht es eine Genehmigung der Schule, wenn Familien mit schulpflichtigen Kindern früher in den Urlaub starten wollen. Liege diese nicht vor, könne man die Schule darauf hinweisen, dass die Kinder schwänzen, sagte die Sprecherin. Gleichwohl würden die Kollegen nicht bei jedem Kind nachfragen. Oft gebe es lange Schlangen, da fehle die Zeit – täglich würden 40 000 Menschen am Flughafen an der Grenze kontrolliert. Zudem: „Es ist es nicht die Hauptaufgabe der Bundespolizei, Schulschwänzer zu fassen.“ Eine Statistik zu diesem Thema gebe es nicht.
Väter und Mütter, deren Kinder ohne Zustimmung der Schule fehlen, drohen Verwarn- oder Bußgelder. Deren Höhe legen Städte und Kommunen selber fest. Das beginnt bei wenigen Euro pro Tag und kann bis zu insgesamt 2500 Euro reichen. In der Regel gehen Gespräche mit den Eltern voraus. Erst wenn die erfolglos bleiben, flattert der Bußgeldbescheid ins Haus.
Im Schuljahr 2016/17 wurden allein in Berlin in mehr als 860 Fällen Bußgelder verhängt. Mitunter versuchen die Vollziehungsbeamten vergeblich, das Geld bei den Familien einzutreiben. Oft seien die Betroffenen zu arm, um die Strafe zu begleichen, heißt es. 2013 verurteilte ein Berliner Gericht eine Mutter sogar zu neun Monaten Haft auf Bewährung – wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Ihr Sohn hatte an fast 1000 Tagen die Schule geschwänzt.
Außer dass die Eltern die Urlaubskasse wegen möglicher Strafen etwas sparsamer führen müssen, müssen sie übrigens nichts befürchten. Sie dürfen mit ihren Kindern in den Urlaub fahren. „Man kann es ihnen nicht verbieten“, so die Polizei. „Das wäre unverhältnismäßig.“ Auch die geschnappten Schulschwänzer liegen nun wohl irgendwo in der Sonne. mit lby