Bundesverdienstkreuz für Felix Finkbeiner

Der ewige Gärtner

von Redaktion

Von Katja kraft

Uffing – Es gibt diese Gespräche, nach denen man sich fragt: Mit was zur Hölle vertrödle ich eigentlich meine Zeit? Wenn da ein 20 Jahre junger Bursche mit einnehmender Herzlichkeit davon erzählt, wie er mit nur neun Jahren die Initiative „Plant-for-the-Planet“ gründete. Wie er damit den Anstoß gab, erst 50 000, dann eine Million, schließlich mehr als 15 Milliarden Bäume überall auf Welt zu pflanzen. Neben der Schule, neben seinem Studium der Internationalen Beziehungen in London – immer hat Felix Finkbeiner aus Uffing (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) parallel für die Umwelt gekämpft.

Wenn man ihn fragt, woher er diesen beneidenswerten Willen zur Veränderung, diese Energie für einen Kampf gegen Windmühlen nimmt, betont er zuallererst bescheiden, dass er da ja gar nicht der Einzige sei. „Bei ,Plant-for-the-Planet‘ gibt’s tausende tolle Menschen, die etwas bewirken wollen“, sagt Finkbeiner. Und fügt genauso uneitel hinzu, dass sie damals in der Grundschule, nach einem Referat von ihm über den Klimawandel, ja noch ganz unbedarft angefangen hätten. „Wir haben damals als Viertklässler unseren ersten Baum gepflanzt und hatten ein Riesenglück, dass eine Journalistin darüber berichtet hat.“ Die Kettenreaktion, die immer mehr Schüler überall auf dem Planeten dazu bewegte, zu Spaten und Schaufel zu greifen, hält nach wie vor an. „Aber dass das so groß werden würde, hatte ich mit meiner Vision, eine Million Bäume in jedem Land zu pflanzen, nicht erwartet“, erzählt der junge Student.

Also erst die 50 000, dann die Million – „das waren unsere ersten großen Meilensteine“. Und dann? Fragten sie sich, was als nächstes kommen könne. Und überlegten, wie viele Bäume es denn überhaupt auf der Welt gibt. Antwort? Gab’s nicht. Bisher hatte kein Wissenschaftler darüber geforscht. Bis Finkbeiners Initiative daherkam – und an der US-amerikanischen Yale Universität ein Forschungsprojekt entstand, das nach drei Jahren Zahlen liefern konnte: „Die gute Nachricht ist, dass es weltweit 3000 Milliarden Bäume gibt. Also ungefähr 450 Bäume pro Mensch auf der Welt“, erzählt Finkbeiner. Das Aber folgt sogleich: „Gleichzeitig haben die Forscher herausgefunden, dass es früher auf der Welt einmal doppelt so viele Bäume gab. Bevor Menschen aktiv in den Waldbestand eingegriffen und ihn abgeholzt haben.“ Mit diesem Wissen im Hinterkopf war das Ziel klar: dagegen halten! 1000 Milliarden Bäume möchten Finkbeiner und seine fleißigen Mitstreiter pflanzen. „Wir wollen bis 2020 die Versprechen von Geldgebern einsammeln. Das Pflanzen selbst dauert dann natürlich etwas länger. Das innerhalb von zwei, drei Jahren zu realisieren, ist ein bisschen ambitioniert – selbst für uns“, sagt er grinsend.

Wenn ihnen das gelingt, würden die Bäume etwa ein Viertel des menschengemachten CO2-Ausstoßes aufnehmen. Die Lösung aller Probleme? Finkbeiner winkt ab: „Es wäre falsch zu denken, dass wir die Klimakrise durch Bäumepflanzen allein lösen könnten. Die Bäume sind eine Art Zeitjoker, die geben uns etwas mehr Zeit, weltweit mit dem CO2-Ausstoß runterzugehen.“ Denn das Versprechen der Regierungen, nicht mehr als zwei Grad Temperaturanstieg auf der Welt zuzulassen, sei ja utopisch – weil sich die Länder nicht an die abgemachten Grenzwerte hielten.

Demotiviert ihn das nicht manchmal? „Klar gibt es sehr viele Gründe, im Klimabereich demotiviert zu sein“, sagt der engagierte Umweltschützer mit Galgenhumor-Lachen. Aber er nimmt’s optimistisch: „Wir müssen uns auf unsere eigenen Erfolge konzentrieren und da weitermachen.“ Das Bundesverdienstkreuz sieht er deshalb nicht nur als große Ehre – sondern vor allem als Gelegenheit, noch mehr Aufmerksamkeit für die Sache zu bekommen.

Der frisch Geehrte selbst wird nach seinem Bachelor, den er in einer Woche in der Tasche hat, vermutlich nach Zürich gehen, um dort den Master in Ökologie zu machen. Und nebenher? Na klar! Weiterkämpfen. Stets nach dem Motto: „Stop talking. Start planting“ – hör’ auf zu reden, fang an zu pflanzen.

Artikel 6 von 9