PROZESS

Mord im Heim: „Es tut mir nicht leid“

von Redaktion

Landshut – Sein Zimmer im Pater-Weiß-Wohnstift in Eggenfelden war dem Münchner Frührentner Markus M. heilig: „Ich zahle 900 Euro im Monat, dann bin ich auch der Wohnungsinhaber!“ Am 6. Oktober 2017 aber forderte Heimleiterin Elke K. ihn ultimativ zum Aufräumen des mit Papier, Essensresten und Teebeuteln vermüllten Raumes auf. „Und dann war Ruhe. Ich habe sie abgestochen“, gestand der gelernte Bürokaufmann gestern vorm Landgericht Landshut.

Dieses verurteilte den 51-Jährigen zu einer Haftstrafe von zehn Jahren. Wegen einer sogenannten organischen Persönlichkeitsstörung sei der gebürtige Münchner allerdings vermindert schuldfähig. Daher wurde er nicht zu lebenslänglich verurteilt. Der Mann leidet an einer Multiple-Sklerose-Erkrankung, zudem erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma, als er vor zehn Jahren zusammengeschlagen wurde. Weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit sei, ordnete der Richter die Unterbringung des 51-Jährigen in einer psychiatrischen Einrichtung an, in der er nach menschlichem Ermessen auf unabsehbare Zeit bleiben werde.

Die Bluttat im Heim des Betreibers Pichlmayr hatte die Einweihung eines neuen Heims desselben Betreibers in Gilching (Kreis Starnberg) überschattet, die just am Tattag stattfand.

Bereits am 10. Dezember 2016 hatte M. eine Pflegerin mit dem Buttermesser bedroht. Die schockierte Fachkraft kündigte daraufhin. Heimleiterin Elke K. ging da schon resoluter vor. Als sie am Tattag erfuhr, dass ihr Problem-Patient tags zuvor drei Mitarbeiter des Zimmers verwiesen hatte, bestellte sie ihn zu sich: „Er solle sofort bei ihr antanzen, egal, ob er im Schlafanzug sei oder nicht“, erinnerte sich Rezeptionistin Maria R. an die aufgeheizte Stimmung.

Markus M. fuhr im Rollstuhl vor – und die Heimleiterin sagte ihm deutlich: „Um 14 Uhr wird Ihr Zimmer ausgeräumt, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie Ihre Koffer packen und das Haus verlassen.“ In seinem laut Gutachter „krankhaften Gerechtigkeitsbedürfnis“ fühlte sich M. tief verletzt: „Sie sagte zu mir, am Monatsende ist für Sie Schluss. Da dachte ich: Dann ist für sie auch Schluss.“

Er zog unter dem Sitzkissen seines Rollstuhls ein Messer heraus, das er seit einem Überfall 2006 dort verwahrte. „Ich stand aus dem Rollstuhl auf, betrat ihr Büro. Ich sagte, Frau K., so geht das nicht. Sie saß mit dem Rücken zu mir am PC und meinte: Herr M., mit Ihnen diskutiere ich nicht.“ Daraufhin stach er zu.

Die Rezeptionistin und ein Praktikant rangen den Angreifer zu Boden. Doch jede Hilfe kam zu spät, die Frau starb noch im Büro. Der Täter zeigt sich beim Prozess in Landshut ungerührt: „Es tut mir nicht leid. Ich hatte gar keine andere Möglichkeit. In ähnlicher Situation würde ich ähnlich reagieren.“  ötl/lby

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