rundgang im Transit-Zentrum in Manching

Abschieben mit System

von Redaktion

Von Sabine Dobel

Manching/Ingolstadt – Der Schlafraum frisch gestrichen, im Spielzimmer Stofftiere und Spielsachen sauber aufgereiht, das Alphabet in bunten Lettern an der Wand – und die Kantine blitzblank. Im Alltag dürfte es im Transit-Zentrum Manching-Ingolstadt nicht ganz so aufgeräumt aussehen. Beim Rundgang mit der Presse zeigt die Regierung von Oberbayern das Zentrum von seiner besten Seite. Es ist der erste Presse-Termin seit Langem – außer zugelassenen Helfern darf niemand einfach so auf das Gelände.

Privatsphäre, das wird klar, haben die rund 1100 Menschen hier kaum. Und auch wenn sie das Gelände verlassen dürften: Der Zaun rund um die ehemalige Max-Immelmann-Kaserne, wo rund 400 Geflüchtete leben, vermittelt nicht gerade ein Gefühl von Freiheit, nach der sich die Menschen vermutlich bei ihrer Flucht gesehnt haben. „We need freedom“ („wir wollen Freiheit“) skandieren sie nun Richtung Pressetross. Frauen schieben Kinderwagen in die erste Reihe, klatschen und singen im Rhythmus. Auf einem Transparent, mit dem sie später vor dem Zaun mit Flüchtlingshelfern demonstrieren, steht: „We are tired of living in camps“ – sie sind es leid, in Lagern zu leben.

Das Transit-Zentrum Manching könnte nach den Plänen von Innenminister Horst Seehofer (CSU) eines der sogenannten Ankerzentren werden; und auch Vorbild für diese Einrichtungen. Anker steht für „Ankunft, Entscheidung sowie Verteilung beziehungsweise Rückführung“ – nicht für Rettung. Wie in Manching praktiziert sollen in den Zentren die Asylverfahren stattfinden. Vertreter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, des Verwaltungsgerichts und der Ausländerbehörde sind vor Ort. Abgelehnte Bewerber werden direkt aus dem Zentrum abgeschoben. „Das Transit-Zentrum ist im Prinzip ein Ankerzentum – es ist nur ein anderer Name drauf“, sagt Willi Däxler, Caritas-Fachreferent für Migration. Für ihn ist Manching kein Vorbild im Umgang mit Flüchtlingen. Auch die Grünen sehen das so.

Kurze Wege durch die Bündelung der Behörden sollen Verfahren beschleunigen, sagt Daniel Waidelich von der Regierung von Oberbayern. Das soll ein Signal an Menschen mit geringer Bleibeperspektive senden: „Es lohnt sich nicht, nach Deutschland zu kommen.“ Deutschkurse für Erwachsene gibt es in Manching nicht. „Das ist im System nicht vorgesehen.“ Zu Abschiebeabholungen morgens, die Menschen aus dem Schlaf reißen und Ängste schüren, sagt er: „Das ist im System so angelegt.“ Die Flüge starten meist vormittags in die Heimatländer.

Seit September 2015 wurden aus Manching rund 1000 Menschen abgeschoben, etwa 2500 reisten freiwillig aus. Probleme wie in der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen in Baden-Württemberg, wo etwa 200 Migranten die Abschiebung eines Togoers verhinderten, habe es nicht gegeben, sagt der Leiter der Einrichtung, Thomas Schmid.

Dennoch kommt oft die Polizei. Abschiebungen mitgezählt schätzt Schmid die Zahl der Einsätze pro Jahr auf 250. Ein Bewohner höre zu laut Musik, ein anderer wolle schlafen, der dritte habe getrunken. Vor Monaten brach bei der Taschengeldausgabe ein Tumult aus. Die Polizei rückte an, es gab Verletzte. Besonderen Schutz haben inzwischen Frauen, die zuvor Zwangsprostitution ausgesetzt waren. Die hohe Zahl teils traumatisierter Menschen, die ohne Beschäftigung und Perspektive aufeinander sitzen – das sehen die Vertreter von Caritas und von Flüchtlingsgruppen als Hauptprobleme. Sie fordern eine Auflösung der großen Zentren, eine dezentrale Unterbringung und unter Auflagen Zugang zum Arbeitsmarkt. Im Schnitt verbringen die Menschen in Manching viereinhalb Monate. M;anche sind aber laut Caritasmitarbeitern mehr zwei Jahre da.

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