München – Die jüngsten Schlagzeilen zu antisemitischen Vorfällen gab es in Berlin: Ein Jude mit einer Kippa wurde attackiert, dann gab es judenfeindliche Schmierereien, und ein antisemitischer Skandal-Rapper erhielt den Echo-Musikpreis. Antisemitismus gibt es aber auch in Bayern. Diese Feststellung ist der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sehr wichtig. „Antisemitismus kommt von rechts, von links, von Moslems, aus der Mitte der Gesellschaft“, sagt sie. Und nennt als Beispiel judenfeindliches Mobbing an einem Münchner Gymnasium: Ein jüdisches Mädchen fand, als es aus der Pause zurückkam, drastische antisemitische Beleidigung auf ihrer Schulbank.
Der Vorfall ist etwa zwei Jahre alt – die Kultusgemeinde hat ihn nie publik gemacht und nennt ihn erst jetzt, bei der Pressekonferenz in der Staatskanzlei. Dort stellt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) den von ihm geschassten Ex-Kultusminister Ludwig Spaenle als neuen Beauftragten gegen Antisemitismus vor. Offiziell darf sich Spaenle, wenn das Kabinett die Personalie heute bestätigt, „Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe“ nennen. Es ist der achte Sonder-Gesandte Söders, der sich eine Art Neben-Kabinett geschaffen hat – es gibt schon Beauftragte etwa für Bürokratieabbau, staatliche Beteiligungen oder Integration.
Während einige dieser Posten umstritten sind, erntet der neue Beauftragte viel Lob. Wenn sie es nicht besser wüsste, sagt Charlotte Knobloch, dann hätte sie den Katholiken Spaenle in der Vergangenheit als Mitglied der israelitischen Kultusgemeinde angesehen – so sehr habe er sich „mit Herzblut und Leidenschaft“ für Judentum und den Staat Israel eingesetzt. Söder nennt Spaenle, der in seiner Amtszeit als Minister den Judenstaat mehrmals besucht hat, einen „engen Verbindungsmann zu Israel“. Und Israels Münchner Generalkonsulin Sandra Simovich sagt, Spaenle werde das neue Amt „mit Bravour“ ausfüllen.
Spaenle selbst nennt Antisemitismus ein „Krebsgeschwür für die freie Gesellschaft“. Ein „Nie wieder“ müsse gewissermaßen in den Alltag übersetzt werden. Er plant ein internationales Symposium über Judenfeindschaft und will prüfen, ob man ein bayerisch-israelisches Jugendwerk gründen kann, um den Jugendaustausch zu fördern. Auch die Lehrpläne an den Schulen müssten betrachtet werden. Eine Statistik über antisemitische Vorfälle gebe es nicht, sagt Spaenle. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, fordert auch deshalb ein niederschwelliges Meldesystem für antisemitische Vorfälle aller Art.