Durch Wasser und Rauch

von Redaktion

Das Porträt

Ein Auto liegt in einem Fluss, Räder obenauf, der Rest unter Wasser. Der Unfallfahrer: in dem volllaufenden Fahrzeug eingeschlossen. Ihm läuft die Zeit davon. Sein Riesenglück: Sebastian Erb aus Fischbachau (Kreis Miesbach) ist schneller als das eindringende Wasser. Aus dem Augenwinkel hat der Glasergeselle, der mit seinem Chef Ludwig Birner (46) auf dem Rückweg von einer Baustelle ist, im Vorbeifahren die Notlage erkannt. Erb sprintet vom Auto an die vom Regen bis fast auf Brusttiefe angeschwollene Aurach und stürzt sich ins Wasser. „Ich habe überhaupt nicht nachgedacht“, erinnert sich der 24-Jährige.

Der Fahrer (55) ist in seiner Not in den Rückraum gekrabbelt, wo er im Fußraum seines auf dem Dach liegenden Autos noch Luft erwischt. Die ist völlig verraucht, weil die Airbags bei dem Überschlag gezündet haben. Minutenlang kauert er da. Das Wasser steigt. Erb gelingt, was der Fahrer – sei es aus Schock oder wegen des Wassers – nicht schafft: Er reißt die Tür des versinkenden Autos auf und zieht den Eingeschlossenen ins Freie. Gemeinsam helfen Erb und Birner dem Mann ans Ufer. Er steht unter Schock, ist unterkühlt, aber unverletzt. Während er im Sanka behandelt wird, regeln Erb und Birner – pitschnass von Flusswasser und Dauerregen – den Verkehr an der Unfallstelle. Dann fahren sie heim, ziehen sich um und machen sich in der Glaserei wieder an ihr Tagwerk.

Zwei Tage darauf, es ist Ende Juli 2017, steht der Gerettete bei Erb und Birner in der Werkstatt und bedankt sich. „Ich glaube nicht, dass ich es selber geschafft hätte“, sagt er. Die beiden Handwerker haben ein Menschenleben gerettet. „Für uns war das selbstverständlich“, sagt Erb lapidar. „Wenn mir was passiert, will ich ja auch, dass mir jemand hilft.“ Inzwischen denkt er nicht mehr viel an seine Heldentat. Einige Zeit hat ihn seine Freundin in der Bekanntschaft als „den Lebensretter“ vorgestellt. „Das ist zum Glück wieder abgeflaut“, sagt der 24-Jährige. „Irgendwann ist es auch wieder gut.“

Einen Termin haben die beiden Retter aber noch: Heute überreicht ihnen in der Münchner Residenz Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Christophorus-Medaille für Lebensretter. Die beiden Handwerker freuen sich über die Ehrung. „Die bekommt schließlich nicht jeder“, sagt Erb. Aber Medaille hin oder her – was zählt, ist, dass man sich hilft, findet er. „Ich würde es sofort wieder machen.“ Josef Ametsbichler

Bei einer Feierstunde in der Münchner Residenz verleiht heute Ministerpräsident Markus Söder an 54 Menschen aus ganz Bayern die Christophorus-Medaille für Lebensrettung unter besonders schwierigen Umständen. 45 Menschen, die ihr Leben für andere riskiert haben, erhalten die Rettungsmedaille.

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