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Die Furcht vor dem Polizeigesetz

von Redaktion

von dirk walter

München – Bei der Landtags-Opposition ist das geplante neue Polizeigesetz ein heißes Thema – aber auch in Fußballstadien. Beim Bundesligaspiel der Bayern gegen Dortmund erstaunte nicht nur das Ergebnis (6:0), sondern auch ein meterlanges Transparent, das offenkundig Bayern-Fans entrollt hatten: „Nein zum Polizeiaufgabengesetz!“, stand da in Großbuchstaben. Nach Beobachtungen des Fußball-Portals Faszination-Fankurve.de wird das Polizeigesetz in Fanszenen viel diskutiert: Auch bei Spielen des FC Augsburg, der Würzburger Kickers, in Nürnberg und Fürth gab es jüngst deftige Transparente: „Das härteste Polizeigesetz seit 1945 – Fight CSU“.

Der bayerische Innenminister hat für solche drastischen Warnungen nur Verachtung übrig. Joachim Herrmann sieht eine „unsägliche Desinformationskampagne“ gegen die von ihm betriebene Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) am Werk. Es ist eher selten, dass der sonst bedächtige Minister aus der Haut fährt. Gestern aber war es so weit. „Hemmungslos“ würden „blanke Lügen“ gegen das PAG verbreitet, sagte Herrmann bei einer Aktuellen Stunde im Landtag. Er betonte: „Lügen und Unwahrheiten“.

Beantragt hatten die Debatte im Landtag die Grünen. Fraktionssprecherin Katharina Schulze reizt die CSU, spricht flugs vom „CSU-Überwachungsgesetz“, von „Überwachungswahn“ und davon, dass die Polizei „kein zweiter Nachrichtendienst“ werden dürfe. Neben vielen Details regt sie auf, dass laut PAG die Polizei künftig bei einer „drohenden Gefahr“ eingreifen kann, nicht erst wie bisher bei einer „konkreten Gefahr“. Die Gefahrendrohung präzise zu definieren findet auch der SPD-Rechtsexperte Franz Schindler schwierig. Das sei eine „schwammige“ Formulierung, die zur Spekulation zwinge. So weit wie die Grünen, die das PAG kompromisslos ablehnen, will der SPD-Abgeordnete aber nicht gehen. Freilich, dem derzeitigen Entwurf werde die SPD nicht zustimmen. Eine Modernisierung des Polizeigesetzes sei notwendig. Doch in vielen Einzelbestimmungen gehe die CSU zu weit. Schindler nennt neue DNA-Identifizierungsmuster, Post-Beschlagnahme oder Wohnraumüberwachung. 100-prozentige Gefahrenabwehr, sagt Schindler, sei nur in einem totalitären Staat möglich und auch dort nicht vollends. Das könne auch die CSU nicht wollen. Auch die Freien Wähler sind gegen das Gesetz, fraktionslose Abgeordnete wie Alexander Muthmann (FDP) oder Claudia Stamm von der Kleinpartei „Mut“ ebenso.

Joachim Herrmann nennt die Befugniserweiterung der Polizei hingegen „maßvoll“. Die Gesetzes-Modernisierung sei schon wegen schärferer EU-Datenschutzbestimmungen notwendig. Unter diesem Blickwinkel sieht der Minister die Bürgerrechte sogar gestärkt. Es gebe mehr Richtervorbehalte – nicht weniger. Und die Behauptung, durch das neue Gesetz könnten verdächtige Personen wochenlang präventiv in Haft bleiben, sei komplett falsch. Eine Gewahrsamnahme sei ohne richterliche Entscheidung wie bisher nicht länger als bis zum nächsten Tag möglich. Absurd findet Herrmann auch die Sache mit den Handgranaten. Die Polizei könne jetzt mit Kriegswaffen hantieren, ist öfters zu lesen. Auch diesen Eindruck will Herrmann zerstreuen. Wahr sei, dass die normale Polizei weder über Handgranaten noch Maschinengewehre verfüge, Spezialeinheiten indes schon. Die einzige Neuerung im Gesetz sei, dass der Einsatz dieser Kriegswaffen künftig vom Landespolizeipräsidenten genehmigt werden müsse, nicht mehr vom Minister wie bisher.

Die Debatte dürfte weitergehen. In den Landtagsausschüssen beginnt in Kürze die parlamentarische Beratung. Ab Samstag wird es in bayerischen Städten immer wieder Demos geben, am 10. Mai auch in München.

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