Prozess um Kunstraub

Aus Angst vor Polizei: Baselitz geschreddert

von Redaktion

von Angela Walser

Aschheim – Das Ölgemälde „Bruno II“, Wert: 450 000 Euro, brachte alles ans Licht. Das Kunstwerk des weltbekannten Malers Georg Baselitz, Markenzeichen: auf dem Kopf stehende Bilder, wurde im Herbst 2016 einer Galerie in München für nur 130 000 Euro angeboten. Der Besitzer erkundigte sich beim Atelier des Meisters nach der Richtigkeit des Verkaufs und sorgte dort für helle Aufregung. Eigentlich hätte das Bild im Lager einer Firma in Aschheim (Kreis München) liegen sollen. Doch jetzt wurde plötzlich der Verlust festgestellt. Das Atelier schaltete die Versicherung ein, die Versicherung informierte die Polizei. Die Ermittlungen begannen, am Ende fehlten gar 19 Bilder des Künstlers sowie eine Skulptur des Bildhauers Tony Cragg und ein Bild von Christa Dichgans, die allesamt in Aschheim aufbewahrt worden waren.

Die Spur im Kunstkrimi führte im Frühjahr 2017 rasch zu einem Mitarbeiter (40) nach Düsseldorf. Der Angestellte, in der Hauptsache Fahrer für die Exponate, hatte versucht, mit dem Diebstahl seine Kokain-Sucht zu finanzieren. Er lieferte die Bilder an einen befreundeten Kunstspediteur (52) nach Leverkusen. Der hängten sich den „Akt Elke“ ins Schlafzimmer. Die anderen Werke versuchten Vater und Sohn an verschiedene Galeristen und Sammler zu bringen. Das ergab die Auswertung der Polizei von E-Mails und Nachrichten-Apps. Und das gestanden auch die drei Angeklagten zu Prozessauftakt vor dem Landgericht München I.

Als der Diebstahl auffiel, herrschte zunächst etwas Verwirrung über den tatsächlichen Verlust. Auch Baselitz’ Sohn wurde eingeschaltet. Der Künstler selber bat darum, „nicht so einen Riesenwirbel zu machen“, um die Kunstwerke möglichst unbemerkt zurückzubekommen. Das berichtete eine Kripobeamtin als Zeugin. „Der hat halt so viele Bilder, dass er gar nicht mehr weiß, welche das sind“, mutmaßte der Vorsitzende Richter Gilbert Wolf.

Bei einer Hausdurchsuchung des Leverkusener Spediteurs übersahen die Polizisten den „Akt Elke“ im Schlafzimmer. Das Bild stand nicht auf der Liste der Bilder, nach denen gesucht werden sollte. Der Sohn, der angeblich unwissend in den Kunstraub hereingerutscht war, schwitzte Blut und Wasser. Nach der Durchsuchung zerschnippelte er das Bild und verteilte die Fetzen auf drei verschiedene Mülleimer.

Vater und Sohn wollten sich in der Folgezeit aus dem Geschäft zurückziehen. Doch sie steckten schon viel zu tief drin. „Unser ganzes Vermögen beruht auf Betrug“, schrieb der 26-Jährige auf WhatsApp, als er das gesamte Ausmaß der Aktion erkannt hatte. Doch die Männer wollten Dave (40), den Dieb, nicht hängen lassen. „Wir haben schon so viel Geld mit ihm gemacht“, schrieben sie sich per Handy-Nachricht.

Dave, der eigentlich David heißt, holte aus Aschheim raus, was es zu holen gab. Ihn interessierte nur das Geld, das er in Kokain umsetzen konnte. Der Aschheimer Filialleiter machte es ihm sehr leicht, überließ ihm regelmäßig die Schlüssel und war auch sonst oft nicht im Dienst. Ihm wurde mittlerweile gekündigt. Bis auf Elke fehlen noch zwei Bilder. Eines soll aus Belgien zurückgeholt werden. Der Prozess dauert an.

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