Bad Reichenhall – Voller Vorfreude beobachtet Thomas Weberpals, wie zwei seiner Mitarbeiter, beide mit weißen Handschuhen, jene seltenen Objekte hereintragen, die für das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht die Welt bedeuten: Der Urmeter ist darunter, jene Maßverkörperung der 1795 in Frankreich erstmals eingeführten Längeneinheit Meter. Der Urmeter, der in Bad Reichenhall präsentiert wird, ist eine Kopie des Originals, das in Paris sicher verwahrt wird. Den Urmeter anzufassen, ist verboten. „Allein die Fettpartikel der Haut würden das Maß ungenau werden lassen“, sagt Cord Müller, Physiker am Bayerischen Landesamt für Maß und Gewicht.
Thomas Weberpals ist Leiter dieses Amtes, das nun im Zuge der Behördenverlagerung von München nach Bad Reichenhall gezogen ist – auf das Gelände der 2006 eingestürzten Eislaufhalle. Zwar wird kein einziger Angestellter aus München mit nach Reichenhall kommen, allerdings hat man rechtzeitig Stellen ausgeschrieben, um die Aufbaueinheit im Kurgastzentrum mit Personal auszustatten. Rund 20 Leute hat Weberpals bereits gefunden, im Laufe der nächsten Jahre sollen es noch mehr werden. Auch eine neue Zentrale ist geplant, bis zu 70 Millionen Euro wird das neue Gebäude kosten. Doch dafür müssen erst noch alle Grundstückskäufe abgeschlossen werden – bis dahin hausen die Mitarbeiter in den Büroräumen im Kurgastzentrum.
Aber was machen diese Mitarbeiter eigentlich? Die Kurzfassung: In der Behörde wird sichergestellt, dass Messgeräte im geschäftlichen und amtlichen Verkehr die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. In der Praxis heißt das: Es wird geprüft, ob an der Tankstellen-Zapfsäule die richtige Menge abgegeben wird, die Waage beim Metzger wird geeicht und auch Schankanlagen kontrollieren die Mitarbeiter – damit eine Mass Bier auch wirklich eine Mass ist.
Neben dem Urmeter wurde bei der Eröffnung auch die Kopie des Urkilos gezeigt, ein 39 auf 39 Millimeter großer Zylinder, der aus einer Legierung von 90 Prozent Platin und zehn Prozent Iridium besteht. Das Original wird in einem Tresor des Internationalen Büros für Maß und Gewicht in Sèvres bei Paris aufbewahrt. Die Besucher, die bei der Präsentation anwesend waren, zeigten sich fasziniert von dem höchst seltenen Objekt, das das sogenannte Referenznormal für die Maßeinheit Kilogramm abbildet. „So etwas bekommt man so gut wie nie zu sehen“, sagt Weberpals.
Er hat aber noch eine ganz besondere Überraschung in petto: eine silberne Siliziumkugel, die im Original eine Million Euro teuer ist und deren Herstellung über zehn Jahre gedauert hat. „Sie ist in Deutschland entwickelt worden, man kann exakt feststellen, aus wie vielen Atomen die Kugel besteht“, sagt Weberpals. Diese Kugel soll das Urkilogramm überflüssig machen. Denn das bereitet so manchem Physiker Sorgen. Das Urkilogramm hat an Gewicht verloren – möglicherweise durch einen Reinigungsprozess. „Das kann uns mit der Siliziumkugel nicht mehr passieren“, sagt Weberpals. Bereits im nächsten Jahr, am 20. Mai 2019, könnte die Kugel, parallel zum 150-jährigen Bestehen des Landesamts für Maß und Gewicht, das Urkilo ablösen und damit eine Neudefinition der Einheit Kilogramm besiegeln. Kilian Pfeiffer