München – Lieblingsthema der AfD sind Verfehlungen der anderen Parteien. Intransparenz, Betrug am Wähler, solche Sachen. Im eskalierenden Streit um die Parteizugehörigkeit von Franz Bergmüller gibt es immer mehr Mitglieder, die genau solche Verfehlungen in ihren eigenen Reihen feststellen.
„Es geht zu wie bei der Mafia“, sagt Anne Cyron, Kreisvorsitzende Oberbayern Süd, eigentlich eine zurückhaltende Frau. „Wir haben Kreaturen in der AfD, die unsere Grundidee zerstören. Wir tragen das nicht mit.“ Cyrons Kreisverband war es, der Bergmüller bei einer Versammlung kein Stimmrecht gewährte – weil der oberbayerische AfD-Bezirksvorsitzende als Nicht-Mitglied in der Kartei geführt wurde. Weil ein Unterstützer Bergmüllers den „Doomsday“, also Tag des Jüngsten Gerichts, angekündigt hatte, war ein Sicherheitsdienst vor Ort.
„Ich lege Wert darauf, dass Ordnungen und Satzungen beachtet werden“, sagt Cyron. Bergmüller sei laut Bundesmitgliederverwaltung kein Mitglied, nur wolle das keiner aufdecken. „Das System Bergmüller, das sich wie eine Krake in der oberbayerischen AfD festgesetzt hat und mittlerweile auch in anderen Kreisverbänden eine zerstörerische Wirkung entfaltet, muss beseitigt werden.“
Nicht nur in Oberbayern gibt es immer mehr Vertreter, die sich an unsere Zeitung wenden und zur Namensnennung bereit sind (was sonst eher selten ist). Wer sich erkläre, der werde „gemobbt“. Der Landesvorstand gerät bayernweit zunehmend unter Druck, auch das Wort „Rücktritt“ fiel mehrfach. Das Gremium sei „befangen“, heißt es in einem Rundschreiben aus der Oberpfalz, es gebe „Abhängigkeiten“. Die Neutralität „scheint hier momentan außer Kraft gesetzt zu sein“, sagt Landtagskandidat Rainer Bolle aus Miesbach.
Landeschef Martin Sichert hatte Bergmüller bei der Bezirksversammlung in Ingolstadt Stimmrecht zugestanden. „Der Landesvorstand hat Fehler gemacht“, sagt Cyron. „Das wird auch am Landesvorsitzenden nicht spurlos vorübergehen.“ Es habe sich eine „innerparteiliche Opposition herausgebildet“. Sichert möchte nicht sagen, wann er von Bergmüllers Nicht-Mitgliedstatus erfahren hat. „Wer wann wo mit wem in der AfD intern worüber kommuniziert, sollten wir nicht in der Presse diskutieren“, sagt er.
Für die Partei kommt der Streit zur Unzeit, der Auftakt ins Wahlkampfjahr gerät zum Desaster. Eigentlich wollte Bergmüller AfD-Spitzenkandidat werden. Er glaubt an seine Mitgliedschaft, agiert für viele aber ungeschickt, wolle die Situation aussitzen. Nach Infos unserer Zeitung hat Bergmüller vorige Woche einen neuen Mitgliedsantrag gestellt. Der Landesvorstand stimmte dem mit knapper Mehrheit zu – bald dürfte er bearbeitet sein. Bergmüller-Gegner sind erbost, fordern einen Ausschluss. Sichert gibt keine Auskunft.
Edeltraud Schwarz, Kreisvorsitzende Oberbayern Süd-West, und mehr als ein Zehntel der Teilnehmer der Bezirksversammlung haben Klage gegen das Wahlergebnis eingelegt. Alle Posten sollen neu gewählt werden. „Es ist mir klar, dass es meiner Person schaden könnte, aber ich stehe dafür, dass Recht Recht bleibt“, sagt Schwarz. Intern wird sie nun mit einer Schmutzkampagne diffamiert – in der AfD kommt so etwas immer wieder vor.