München/Würzburg – Stephan Heuberger (53) freut sich auf die Weihnachtsfeiertage, obwohl es besonders am Heiligen Abend stressig werden dürfte. In vier Messen wird er an diesem Tag in der Münchner Universitätskirche St. Ludwig an der Orgel sitzen. Es sei ein Großeinsatz, sagt er. Heuberger ist seit 21 Jahren der Chef der Orgel und sorgt dafür, dass es auch an den Weihnachtstagen große Hymnen in St. Ludwig geben wird.
An Organisten mangelt es in der Erzdiözese München und Freising nicht. Zur Weihnachtszeit wird es wohl nicht zu Engpässen bei den Musikern kommen, wie Bettina Göbner vom bischöflichen Ordinariat mitteilt. Wenn es in Pfarrverbänden zu Engpässen kommen sollte, seien das lediglich Einzelfälle. Beispielsweise, wenn ein Orgelspieler krank wird.
Anders schaut es dagegen im Bistum Würzburg aus. „Wir haben Probleme, weil die Leute am Wochenende und in den Ferien nicht zur Verfügung stehen. Der Mangel entsteht durch die Mobilität der Leute“, sagt Diözesanmusikdirektor Gregor Frede. Das Bistum bilde derzeit rund 300 Orgelschüler aus. „50 Prozent dieser Musiker sind beispielsweise über Weihnachten gar nicht da“, sagt Frede. Gerade in dieser Zeit sei die Orgelmusik allerdings besonders gefragt. Leere Orgelbänke müssen in Unterfranken aber dennoch nicht befürchtet werden. „Wir kriegen das mit großem Aufwand hin“, gibt Frede Entwarnung.
An Nachwuchs fehlt es in Würzburg grundsätzlich eigentlich nicht. Orgelspielen liegt hier scheinbar im Trend. Gerade bei jungen Musikern wie Michael Netrval (17). Er schlägt erst sanft und schließlich kräftig mit Händen und Füßen die Tasten der Orgel an. Durch die Kirche des Würzburger Juliusspitals dröhnt der satte Ton des riesigen Instruments. Gregor Frede nickt zufrieden. Genau so hat er sich das vorgestellt. Frede gibt dem 17-Jährigen seit einigen Monaten Orgelunterricht. Und der junge Mann aus dem unterfränkischen Karlstadt ist keine Ausnahmeerscheinung. „Wir machen immer wieder Werbung. Es ist ein tolles Instrument und wir haben auch viele Anfragen“, sagt Frede.
Das Bistum fördert den Unterricht der Schüler zu zwei Dritteln. Somit kostet die Ausbildung im Monat noch 44 Euro. Unter den Schülern sind aber nicht nur junge Leute. Auch ältere, die vor vielen Jahren einmal Orgel gespielt haben und ihr Wissen nun wieder auffrischen wollen, nehmen Orgelstunden. „Es kommen auch immer mehr Interessenten allein wegen des Instrumentes und ohne Kirchenhintergrund. Die kommen einfach, weil sie die Töne gehört haben und es mal lernen wollen. Viele kommen über das Instrument wieder zur Kirche“, sagt Frede. Er schätzt, dass ein Drittel der Orgel-Anfänger keinen Kirchenbezug haben.
In München und Freising setzt das Bistum zwar ebenfalls auf die Ausbildung des Orgelnachwuchses. Doch die Resonanz hier ist nicht derart hoch. Einen Trend nach oben gibt es laut Ordinariat nicht. Im Gegenteil: „Der Trend ist rückläufig“, sagt Bettina Göbner. Junge Leute würden sich nicht mehr ganz so sehr wie früher dafür interessieren. Das liege auch am demografischen Wandel.
Neben der hauptberuflichen Ausbildung bildet die Diözese auch nebenberufliche Organisten aus. In zwei
Jahren rund 40 Musiker, wie Göbner sagt. In den großen Kirchen und zu großen Festen spielen vor allem hauptberufliche Organisten – so wie Stephan Heuberger. Der Kirchenmusiker spielt nicht nur selbst, sondern doziert auch an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er freut sich vor allem auf die Weihnachtstage, weil er dann wieder eines seiner Lieblingsstücke spielen kann. „Dieu parmi nous“ von dem französischen Komponisten Olivier Messiaens. „Das ist schon Tradition in St. Ludwig.“