München – Kardinal Reinhard Marx hat am Wochenende zwei Seligsprechungsprozesse eröffnet. Sie gelten dem NS-kritischen Publizisten Fritz Gerlich (1883-1934) und dem Religionsphilosophen Romano Guardini (1885-1968). Bei einem Festgottesdienst im Münchner Liebfrauendom wurden die Hauptbeteiligten des Verfahrens vereidigt, darunter der Kardinal selbst. Für die nötigen Untersuchungen rechnet das Erzbistum mit mehreren Jahren. Die letzte Entscheidung trifft der Papst.
Der Erzbischof bezeichnete beide Männer als inspirierende Wahrheitssucher und Zeugen des Evangeliums. Selig- und Heiligsprechungsprozesse seien nicht nur rechtliche Akte der Kirche, sondern dienten auch ihrer Selbsterkenntnis und Glaubwürdigkeit. Mit der Hand auf der Bibel schwor Marx, während der Untersuchung „frei bleiben zu wollen von Kompromissen und Beeinflussungen“.
Der Kardinal empfahl Gerlich als Vorbild für Journalisten. Dieser habe klarer als viele andere erkannt, „was die Stunde geschlagen hat mit der braunen Herrschaft“. Der gebürtige Stettiner war in München zeitweise Chefredakteur des Vorgängerblatts der „Süddeutschen Zeitung“. Ab Sommer 1931 versuchte Gerlich in einer eigenen Wochenzeitung, mit scharfen publizistischen Attacken Adolf Hitlers Griff nach der Macht zu verhindern. Im März 1933 wurde er verhaftet, gefoltert und nach 16 Monaten ohne Anklage im Konzentrationslager Dachau erschossen.
Auch Romano Guardini habe einen klaren Blick auf das gehabt, „was die Ideologien des 20. Jahrhunderts den Menschen angetan haben“, sagte Marx. Darüber hinaus habe der gebürtige Italiener und Mainzer Diözesanpriester die Wahrheit Gottes in Theater, Kunst und Literatur erkennen wollen. Guardini gilt als einer der einflussreichsten katholischen Denker des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Engagement für liturgische Erneuerung und Jugendseelsorge bereitete er den Weg für die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils. kna