Herrsching – Ob es der Rinderwahnsinn BSE war zu Beginn des Jahrtausends, die Auseinandersetzungen mit dem Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM), der den Bauernverband vor eine Zerreißprobe stellte, oder die anhaltenden Debatten mit Verbrauchern über Tierwohl und Pflanzenschutz: Hans Müller (64), Jurist und seit 19 Jahren Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbands, hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten als wichtiger Mitstreiter für die bayerischen Landwirte zahlreiche Baustellen bearbeitet.
An der Seite der Bauernpräsidenten Gerd Sonnleitner (bis 2013) und Walter Heidl hat er hinter den Kulissen mit dafür gesorgt, dass auch bei heftigsten Diskussionen mit Politikern und Verbrauchern der Weg nicht zugemauert wurde. Am Freitag wurde der aus Aufkirchen (Kreis Fürstenfeldbruck) stammende Müller auf der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbands in der Bildungsstätte des BBV in Herrsching (Kreis Starnberg) vor großer Kulisse verabschiedet. Sogar der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, ließ es sich nicht nehmen, extra aus Brüssel einzufliegen.
Bayerns Agrarminister Helmut Brunner veredelte den Abschied des Generalsekretärs: Er überreichte Müller die seltene Staatsmedaille in Gold und würdigte dessen Verdienste als „kompetenter Anwalt der Landwirte“. Dabei verschwieg er nicht, dass es durchaus unterschiedliche Auffassungen über den besten Weg zum Erreichen des Ziels – möglichst viele bäuerliche Betriebe zu erhalten – gab und gibt. „Entscheidend ist, dass man sich immer wieder zusammensetzt und um die bestmögliche Lösung ringt“, so Brunner. Als er die juristische Raffinesse von Hans Müller betonte, dessen Nachdruck und Beharrlichkeit, rückte der scheidende Generalsekretär seine Brille zurecht und schmunzelte – er erinnerte sich womöglich an manch harte Debatten, die zwischen Bauernverband und Ministerium geführt worden sind. Doch, wie Müller später selber betonte: „Wir sind offen miteinander umgegangen. Wir hatten nicht immer die gleiche Meinung, aber haben um einen Weg zum gemeinsamen Ziel gekämpft.“
Da ist er wieder, der bayerische Weg der Landwirtschaft. Eine passgenaue und differenzierte Förderung der gut 110.000 bäuerlichen Familienbetriebe, kein „Wachsen oder Weichen“, müsse die Marschrichtung bleiben, betonte Bauernpräsident Heidl. Er warnte davor, eine Frist für ein Ende der Anbindehaltung in den Kuhställen zu setzen („Dann kommt es zu Strukturbrüchen“), forderte eine stärkere Digitalisierung des ländlichen Raums, ein Ende des Flächenfraßes und eine strikte Bekämpfung des Wolfes („Es stehen die Existenz der Almbauern und der Tourismus auf dem Spiel“). Besonderes Lob zollten die Bauern dem (Noch-)Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) für seine Zustimmung zur Verlängerung des Glyphosat-Einsatzes.
Eigentlich sollte Ministerpräsident Horst Seehofer am Freitag vor den Bauern sprechen – „dass er keine Zeit hat, dürfte jedem einsichtig sein, man muss bloß in die Medien schauen“, erklärte Staatskanzlei-Chef Marcel Huber (CSU), der als dessen Vertreter kam. Zum Streitpunkt Glyphosat bemerkte er, dass zwar jetzt eine Planungssicherheit für fünf Jahre bestehe. Aber an den heftigen Reaktionen der Öffentlichkeit habe man gesehen: Man müsse diese Zeit nutzen, um Möglichkeiten zu entwickeln, wie man den Einsatz reduzieren könne. Das sollen die Landesämter prüfen.
Huber, der vor seiner politischen Karriere Tierarzt war, zeigte sich als versierter Kenner der Agrarpolitik. Es gibt sogar Stimmen, die den jetzigen Staatskanzleichef nach den Landtagswahlen 2018 als möglichen Agrarminister sehen. Aber zunächst muss die CSU ihre Personalprobleme an der Spitze lösen.
Wie eine anständige Hofübergabe funktioniert, hätte sich die CSU übrigens beim Bauernverband anschauen können: Nachfolger von Hans Müller wird Georg Wimmer, seit 1998 stellvertretender Generalsekretär.